1529
Der Anstoss zur Beschränkung der Glaubensgrundlagen auf das Evangelium und zur Ablösung von der römischen Kirche ging im mittleren Toggenburg vom streitbaren Hemberger Pfarrer aus. Aus persönlichen Gründen kam es zu seinem Bruch mit der Kirche. Das Kirchenvolk nahm eher Anstoss am unsittlichen Lebenswandel der Geistlichen. Hoffnung auf die politische Lostrennung und die Verbitterung über die Abgabe-Verpflichtungen des Landvolkes gegenüber der Abtei St. Gallen verstärkten die Bereitschaft zur Annahme der Reformation. Zum eigentlichen Reformator Wattwils wurde der aus Lichtensteig stammende Moritz Miles. 1520 zog er nach Übernahme der Pfrund Wattwil zum Studium nach Basel und wurde nach seiner Rückkehr zum Hauptförderer der Neuerung. Huldrych Zwingli hatte im Juli 1524 dem Landrat und seinen Landleuten ein Programm für die Umstellung vorgelegt und diese nicht zuletzt wegen seines Ansehens als Landsmann überzeugt. Der Landrat empfahl für die Predigt als alleinige Grundlage die Heilige Schrift und fand dabei offenbar in der öffentlichen Meinung allgemeinen Rückhalt. Da unterdessen in Wildhaus, Stein, Hemberg und Wattwil "mit willen der gmaind die mess abgestelt" worden war, klagten der Abt und die Schutzorte Schwyz und Glarus beim Landvogt und forderten die Wiedereinführung der Messe.
An die Stelle der Glaubensfrage trat nun immer stärker die Politik. An einer von Tumulten überschatteten Landsgemeinde im Sommer 1530 erhob der Abt seinen alten Anspruch auf die Landeshoheit und verweigerte dem Landvolk die geforderten eigene Regierung. Eine energische Führung fehlte, um das in Massen zugeströmte Landvolk und Pöbel zu zügeln. Dem Abt wurde eine Absage erteilt und eine Landesregierung gewählt. Die Herrschaft der Abtei wurde wiederhergestellt. Die meisten Gemeinden des Unteramtes kehrten in der Folge zum alten Glauben zurück, jene des Oberamtes verblieben beim neuen.